DEMENZWOCHE: 20-26.09.2021
Im Haus Sebastian leben viele verschiedene Bewohnerinnen und Bewohner, die sich nicht nur aufgrund ihrer Krankheitsbilder, sondern auch aufgrund ihrer Persönlichkeiten unterscheiden. Das bietet in Bezug auf die Betreuung, sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Um vor allem auch den Bewohnerinnen und Bewohnern mit Demenzerkrankungen gerecht zu werden, sind unsere Betreuungsmaßnahmen genauso vielfältig, wie unsere Bewohnerinnen und Bewohner.
So werden einerseits wohnbereichsübergreifende Gruppen und Veranstaltungen angeboten, wie gemeinsames Singen, Sturzprävention und christliche Angebote, an welchen sowohl Bewohnerinnen und Bewohner mit, und ohne Demenz teilnehmen können. Andererseits bieten wir aber auch Gruppenangebote direkt auf unseren Wohnbereichen an, wo der Rahmen ein wenig kleiner und damit auch ein Stück vertrauter ist, was besonders Menschen mit Demenz Sicherheit vermittelt. Beispielsweise ist der Abendausklang solch ein Angebot, welcher jeden Tag nach dem Abendessen stattfindet und damit einen wichtigen Teil zur Tagesstrukturierung beiträgt. Dabei wird der Tag reflektiert und durch das Vorlesen von Geschichten, das gemeinsame Singen von Volks- und Abendliedern (welche viele Menschen mit Demenz oft noch bis zum Schluss auswendig können) und zum Schluss das gemeinsame Beten, können die Bewohnerinnen und Bewohner zur Ruhe kommen und den Tag entspannt ausklingen lassen.
Eine weitere wichtige Säule in unserer Betreuungsarbeit bildet die Einzelbetreuung. Bei Menschen, mit starken körperlichen Einschränkungen oder auch einer weit fortgeschrittenen Demenzerkrankung ist es oft notwendig, individuelle, Biografie bezogene Betreuungsmaßnahmen auszuwählen, um einen Zugang zu ihnen zu bekommen. Zum Beispiel kann das eine Basale Stimulation unter Verwendung des Lieblingsduftes sein oder eine Wohlfühlmassage. Ein Highlight in der Einzelbetreuung im Haus Sebastian ist die Arbeit mit Tieren, nämlich mit unseren drei nun nicht mehr so kleinen Hasen, welche seit einiger Zeit ihr neues Zuhause in unserem Garten bezogen haben. Viele unserer Bewohnerinnen und Bewohner hatten schon früher Tiere und durch das Streicheln und Umsorgen unserer Hasen werden oftmals Erinnerungen geweckt, welche schon lange verschüttet waren. So haben unsere Hasen schon vielen Bewohnerinnen und Bewohnern ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und sich in viele Herzen gekuschelt, nicht nur bei unseren Bewohnerinnen und Bewohnern, sondern auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Denn wie schon zu Anfang gesagt, gibt es für uns Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft genug auch herausfordernde Situationen. Da tut es uns auch mal gut, wenn wir ab und zu Zeit mit unseren tierischen Kolleginnen verbringen können. Doch auch, wenn die Pflege und Betreuung von hochaltrigen Menschen mit und ohne Demenz sicher nicht immer einfach ist, möchte ich an dieser Stelle betonen, wie viel Freude es machen kann, in diesem Bereich zu arbeiten. Die Abwechslung, die dieser Arbeitsalltag mit sich bringt, in Kombination mit der Dankbarkeit und Wertschätzung, welche wir von unseren Bewohnerinnen und Bewohnern bekommen, ist wirklich wunderbar.
Aber leider reicht das oft nicht aus, um (junge) Menschen für einen Beruf im Pflegebereich zu begeistern. In meiner fast fünfjährigen Tätigkeit als Ergotherapeutin im Haus Sebastian habe ich einige Schülerinnen und Schüler und Praktikantinnen und Praktikanten kennengelernt, die wirklich großartig zu einem Beruf im Sozialen Bereich gepasst hätten, sich aber letztendlich aufgrund der Arbeitsbedingungen und des Gehaltes für einen anderen Beruf entschieden haben. Das finde ich mehr als traurig, da gerade unsere hochaltrigen Mitmenschen, welche ihr ganzes Leben lang gearbeitet und sich um die Familie gekümmert haben, es mehr als verdient hätten, von solchen Personen gepflegt und betreut zu werden.
Also hoffe ich jeden Tag mehr, dass solche Aktionen wie die aktuelle deutschlandweite Demenzwoche, das Thema Seniorenpflege und -betreuung mehr in den Fokus der Gesellschaft und wichtiger auf die Agenda der Politiker lenken. Schließlich wollen wir doch alle alt werden, aber darüber, dass man im Alter oftmals auf mehr oder weniger Hilfe angewiesen sein wird, machen sich noch eindeutig zu wenige Leute Gedanken. Sonst würde das Pflegesystem in Deutschland nicht so aussehen, wie es heute ist.
Nicole Fuhrmann – Ergotherapeutin – Haus Sebastian